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drei_ nun … wie soll ich’s dir sagen?… wie nur …

 

 

 

 

drei_

 


…. wie soll ich es dir sagen … wie nur …?…


vor 80 jahren wurdest du im KZ Sachsenhausen ermordet, weil du als spdler nicht ruhig und schweigend, sondern im aktiven widerstand gewesen bist.
und heute … ja , wie nur …soll ich es dir sagen …

das erste mal als ich mit dir sprach in sachsenhausen,
war ich so sauer und wütend und traurig … weil du meine mutter verlassen hast …
dein widerstand dir wichtiger war als deine familie? … dein leben!

sie war 9 jahre alt und hatte gewartet, dass du wieder nach hause kommst …

ich war so wütend und sauer auf dich.
was hast du ihr nur zugemutet …
und so traurig, so furchtbar traurig war ich …

stund um stund saß ich vor deinem block,
mit 43 rosen und eine weiße für das leben.
in dem schreiben hieß es, dort … dort seist du gewesen … 


müsste ich nicht stolz sein auf dich?
weil du nicht mitgelaufen bist sondern im widerstand?
müsste ich nicht stolz auf dich sein?

ich musste dich erst finden, denn du wurdest nicht erwähnt …
bald gestorben hieß es – das thema gewechselt.
ich musste dich erst finden … durch diese schweigende mauer …
ein eisernes, eisiges, wütendes schweigen …
und auch diese scham…

kennst du das, wenn du worte hörst und wahrnimmst,
dass das gesagte in dir keinen einklang bildet?
dass da irgendetwas anders ist? …
manchmal nur ein µ nur …
und du hörst diese dissonanz in dir? …
und dann willst du diese dissonanz auflösen,
weil sie so irritierend ist, so merkwürdig,
und du fragst nochmals und nach …
und sie sagen es sei deine phantasie, so viel und wild …
und sie sagen du nimmst das nicht richtig oder falsch wahr …
alles sei gut – lass mal gut sein –
alles sei gut … sagen sie … und gehen fort.
oder sie werden böse oder wütend … und gehen fort.
und du und diese deine dissonanz bleiben …
und bleiben allein.

ein familienpakt des schweigens aus so unglaublich entgegengesetzten gründen.

deine frau, deine tochter – meine mutter – sie haben geschwiegen,
dich verschwiegen,
den widerständler, den ermordeten widerständler …

ich musste dich erst finden – gegen ihren willen …
und als ich dich gefunden hatte … und dort war … und bei dir war …
ich war so wütend und sauer und traurig … traurig … traurig …
so traurig auf alles …


und heute …
ich bin wütend und sauer
und traurig … traurig … traurig auf alles …

und wie sag ich es nur …

sie haben so viele ermordet und systematisch ermordet … millionen menschen … millionen menschen …
einer davon warst du.

sie haben den krieg verloren.
und sie haben geweint … darüber haben sie geweint …
nur darüber … verloren, den krieg verloren.

wie soll ich es dir sagen …
sie haben weiter gemacht … einfach weiter gemacht.

und diese menschenverachtung …
wie soll ich es dir sagen ….
sie ist geblieben … sie ist geblieben …

wie kann sie auch gehen,
wenn deine verräter dort sind, wo sie schon damals waren …
an der macht …
und all überall um dich rum …

deine frau, deine tochter, sie wurden deportiert … vertrieben …
aus-/ umgesiedelt …
an einen ort, wo die trauer um den verlorenen krieg so sehr groß war
und die schuld … 

dir galt,
dem widerstand, den wehrkraftzersetzer:innenn, den abtrünnigen …
dem pack …

und ihnen galt,
den flichtlingen … aus- /umgesiedelt, vertrieben, deportiert an einen ort,
dessen menschen –
deinem widerstand keinen respekt entgegen brachten.
deiner familie keinen respekt entgegen brachten,
denn – sie war die rote brut, die half den krieg zu verlieren.


ein krieg wurde verloren,
aber nicht die menschenverachtende “herren-mensch”-haltung.


deine frau, deine tochter … meine oma, meine mutter,
sollten sie nicht eher sehr traurig,
aber sich auch mit stolz sich an dich erinnern?
von dir sprechen?

du hast dich gegen diese haltung der menschenverachtung,
der faschist:innen, der nationalsozialist:innen und deren
willfährigen mitläufer:innen gestellt.

deine frau, deine tochter … meine oma, meine mutter,
sie haben dich verschwiegen,
haben nichts erzählt,
haben das thema gewechselt …


es tat und tut mir so sehr weh …

deine frau, deine tochter … sie konnten nicht … 
konnten nicht erinnern und von dir sprechen …

dein opa hat gern …dein opa war gern …
dein opa …. er ist gestorben, weil …
dein opa … er wurde umgebracht, weil …

deine frau, deine tochter … sie konnten nicht … 
konnten nicht erinnern und von dir sprechen …

nun … ich habe dich gefunden …
und wie nur wie soll ich’s dir sagen …

die menschen laufen wieder,
wieder mit und wieder hinterher …
mit und hinter den gleichen fahnen und flaggen …
und sie halten wieder
und sie schreien wieder …
das deutsche reich … für die freiheit …

wie nur, wie nur soll ich dir das sagen ….



 

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